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Zwangsarbeit in Kliniken und Krankenhäusern

In den Göttinger Universitätskliniken kamen von 1940 bis 1945 über 120 Zwangsarbeitende in fast allen Bereichen zum Einsatz. Sie waren aus 14 verschiedenen Nationen, zumeist aus Polen, der Ukraine und Russland, nach Göttingen verschleppt worden. Den Hauptanteil stellten mit 75% Frauen. Die Zwangsarbeitenden waren als Putzhilfen, Gärtner, Pflegende oder als dienstverpflichtete Ärzte beschäftigt. Ihre Lohnkarten waren die ersten Quellen, anhand derer verschleppte Arbeitskräfte aus dem von deutschen Truppen besetzten Europa in den Kliniken nachgewiesen werden konnten. Die zumeist sehr jungen Russinnen wurden als »Ostarbeiterinnen« numerisch gesondert erfasst, zum Beispiel als »Russin Nr. 1«, »Russin Nr. 2«.

Auch junge Medizinstudierende aus Frankreich und den Niederlanden wurden zur Arbeit in den Kliniken gepresst. Der Dekan der Fakultät forderte Studierende über die Arbeitsverwaltung offiziell an. Ein Niederländer musste in der Privatklinik des Leiters der Chirurgie, Prof. Stich, arbeiten. Einige ehemalige Medizinstudenten berichteten 2002 von den teilweise prekären Wohn- und Arbeitsbedingungen. Einem Niederländer ist es gelungen, wegen einer Familienangelegenheit nach Hause zurückzukehren und dort unterzutauchen.

Neben den Göttinger Universitätskliniken beschäftigten auch viele andere Einrichtungen der Krankenversorgung in Südniedersachsen ausländische Zwangsarbeitende. Zu diesen gehören die städtischen Krankenhäuser in Northeim und Einbeck, das St. Martini-Krankenhaus in Duderstadt, das Landessanatorium Rasemühle (Tiefenbrunn), die Göttinger Heil- und Pflegeanstalt, das Krankenhaus Neu Bethlehem in Göttingen und das Sanatorium in Hedemünden/Oberode. Hinzu kommen die verharmlosend »Ausländerkinderpflegestätten« genannten Anstalten für schwangere Osteuropäerinnen und ihre Kinder.