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Einrichtungen für Kleinkinder

Osteuropäerinnen aus dem Kreis Bad Gandersheim mussten ihre Kinder seit dem Juli 1943 in Braunschweig in einem von der AOK betriebenen »Entbindungsheim für Ostarbeiterinnen und Polen« zur Welt bringen. Im Ort Bodensee richtete die Kreisbauernschaft Duderstadt im Frühjahr 1944 ein »Ausländerkinder-Pflegeheim« ein. Im Sommer 1944 taten sich Gandersheimer Bauern zu einer Genossenschaft zusammen und gründeten die »Kinderpflegestätte Brunshausen«. In dieser finanziell einträglichen Einrichtung wurden 24 polnische und russische Kinder geboren, von denen mindestens 15 im Kleinkindalter starben (eine Dunkelziffer ist wahrscheinlich). Die Leichname wurden in Zellstoff eingewickelt und vom Lehrjungen einer Gandersheimer Tischlerei in kleinen weißen Särgen auf dem Fahrrad zum Salzbergfriedhof transportiert, wo sie meist in einer Ecke des Friedhofs oder in offenen Erwachsenengräbern bestattet wurden.

In diesen drei Einrichtungen mussten Zwangsarbeiterinnen ihre Kleinkinder in aller Regel abgeben, um möglichst rasch wieder für den »Arbeitseinsatz« auf dem Land zur Verfügung zu stehen.

Für die Arbeit im industriellen Bereich wurden eine »Entbindungsstation« im Lager der Blechwarenfabrik Züchner in Seesen sowie ein Mütter- und Säuglingslager bei der Göttinger Großwäscherei Schneeweiß eingerichtet. In Osterode beschäftigte die Maschinenfabrik Anton Piller zwei polnische Kindergärtnerinnen zur Betreuung von Zwangsarbeiterkindern.

Regionale »Entbindungs-« und z. T. auch »Säuglingsstationen« ohne Anschluss an einen bestimmten Betrieb oder Wirtschaftssektor existierten in den »Ostarbeiterlagern« in Einbeck und Göttingen (Schützenplatz) sowie wohl auch im Duderstädter »Gemeinschaftslager« am Euzenberg. Auch die Krankenbaracke am Göttinger Ludendorffring übte diese Funktion aus. In das osthessische Sammellager Pfaffenwald bei Bad Hersfeld kamen höchstwahrscheinlich schwangere Osteuropäerinnen aus dem Kreis Münden.

In den meisten der genannten Einrichtungen waren die Sterberaten der Zwangsarbeiterkinder erschreckend hoch. Ursachen hierfür waren zumeist gezielte Vernachlässigung, mangelhafte Ernährung und fehlende Hygiene.

Diese Aufzählung ist sehr wahrscheinlich unvollständig: Gezielte Vernichtung von Dokumenten und absichtsvolles Verschweigen haben die öffentliche Erinnerung weitgehend ausgelöscht.